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Polestar 3 – Aber eben…

Aktualisiert: 1. Feb.


Polestar 3 in a field

Wir haben vor einiger Zeit, noch für ein anderes Medium schreibend, ja mal ziemlichen Unmut ausgelöst mit einem Bericht über Polestar. Wir waren nicht zufrieden mit dem Polestar 2 und haben das offen geschrieben, womit man bei Polestar wiederum nicht zufrieden war. 


Gut, rückblickend hätte man die Kritik vielleicht etwas verhaltener formulieren können, aber es war damals die Zeit der Ablösung von Volvo. Nach dem coolen – wenn auch viel zu teuren – Polestar 1, der noch irgendwie so halb ein Volvo war, war der Polestar 2 das erste echt eigene Modell der gerade eben chinesisch gewordenen Marke. Und er war: ein Bruch – mit allem, was man sich von Polestar unter Volvo gewohnt war an Qualität, Finesse, Fahrverhalten. Ja, der Basispreis von heute 47’900 Franken ist attraktiv, aber ein durchschnittlich bepreistes Durchschnittsauto war nicht, was wir von Polestar erwartet hatten. Das ist jetzt gut vier Jahre her und Polestar hat inzwischen noch zwei weitere Modelle im Angebot: seit Ende 2023 den «4» und seit Anfang 2024 den «3». 


Zu harsch?

Während der Polestar 4 die «Sustainable Experience Architecture» von Mutterkonzern Geely gibt, basiert der 3 auf der SPA2 von Volvo. Es ist die gleiche Plattform, die auch der neue EX90 nutzt – and it shows. Beispielsweise bei den unsäglichen Fensterheberschaltern in der Fahrertüre, bei denen mit drei Knöpfen vier Fenster bedient werden müssen. Man kennt das von VW, die Idee war da schon nicht gut und sie ist nicht besser geworden. Auch die Touch-Tasten am Lenkrad kennt man irgendwoher, beim Polestar 3 sind sie noch nicht einmal beleuchtet. Ja – es sind Details, aber genau in denen liegt sprichwörtlich der Teufel der Qualitätsanmutung. 





Sind wir wieder zu harsch? Vielleicht. Denn der Polestar 3 ist nicht schlecht. Mit der markentypischen Front, dem eigenwilligen Heck und den Spoilern vorne und hinten ist er optisch ganz ansprechend. Das Interieur ist schön gemacht, hochwertiger als noch beim 2, erinnert stark an Volvo – was eine gute Sache ist. Das Platzangebot für vier bis fünf Personen gut ausreichend, bloss die Sitzfläche im Fond ist für Erwachsene etwas zu tief liegend, was für unangenehm angewinkelte Knie sorgt. Der Antrieb mit zwei E-Motoren und bis zu 518 PS Leistung und 910 Nm Drehmoment ist ordentlich. Geradeaus läuft das ganz gut, 4.7 Sekunden reichen von 0 auf 100 km/h. Solange es geradeaus geht, geht das bereits bei unserem Testwagen mit «nur» 490 PS: gut. Entspannt, komfortabel, schnell.


Weniger entspannt wird es in den Bögen. Ein grosses SUV ist kein Sportwagen, dessen sind wir uns auch bewusst. Aber wenn die Motorleistung sportlich ist, muss auch das Chassis mithalten können. Die Lenkung ist zu synthetisch, zu schwammig. Dass im Sportmodus der Lenkwiderstand erhöht wird, hilft da auch nicht mehr viel. Das Fahrwerk zeigt sich mit den 2.6 Tonnen Leergewicht tendenziell überfordert. Eine 111-kWh-Batterie wiegt eben etwas. Sorgt aber auch für Reichweite, bis zu 651 Kilometer gibt Polestar an und maximal 250 kW Ladeleistung. Was davon erreicht wird, konnten wir noch nicht testen, dafür war die Probefahrt zu kurz.





Grösste Herausforderung wird wohl die interne Konkurrenz, schliesslich hat Volvo mit dem EX90 ein doch sehr ähnliches Produkt im Angebot, sehr viel teurer zwar, dafür auch deutlich geräumiger, mit sieben Plätzen und bereits mit LIDAR ausgestattet, um die Vorteile der Core-Computing-Architektur von Nvidia voll ausschöpfen zu können.


Ganz vieles ganz gut

Wie gesagt, der Polestar 3 macht ganz vieles ganz gut. Auch den Aspekt der Nachhaltigkeit, da gibt man sich grösste Mühe auf wiederverwertete und wiederverwertbare Materialien zu setzen, auf seltene Erden zu verzichten, den CO2-Ausstoss in der Produktion zu minimieren und vor allem: Herkunft und Umweltbelastung der verwendeten Ressourcen so transparent wie möglich auszuweisen. Nicht nur in aufwändigen Reportings sondern auch direkt am Fahrzeug, beispielsweise auf den Sitzbezügen. Es ist eine ehrbare Sache. Aber eben – ob das ausreicht, um die Verkaufszahlen künftig noch zu verbessern, wird sich zeigen. 





Dies wird die Aufgabe sein von Michael Lohscheller, der seit Oktober 2024 an der Spitze von Polestar sitzt. Es ist seine dritte Station in ebenso vielen Jahren. Erklärtes Ziel von Polestar ist es, bereits in diesem Jahr in die schwarzen Zahlen zu kommen. Das klingt optimistisch – will Lohscheller bei Polestar den Job zu Ende bringen, wird er möglicherweise noch einen etwas längeren Atem benötigen als bei seinen früheren Arbeitgebern.


Text: Ramon Egger Bilder: Kim Hüppin

 
 
 

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