Renault 5 – Vive la Revolution
- Ramon Egger
- 16. Okt. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Jan.

Endlich – mal wieder ein Kleinwagen, der Spass macht. Aber das soll er auch, muss er, denn Renault hat sich für den neuen 5 das ganz unbescheidene Ziel gesetzt, dass er das Gesicht der elektrischen Revolution werden soll. Und Renaults eigene Revolution vorantreiben als erstes Modell auf der neuen AmpR Small Platform, der hauseigenen Elektrosparte «Ampère».
Die Zeiten sind vorbei, in denen Elektroautos gekauft wurden von Kunden, die in erster Linie einen Stromer wollten und dann den attraktivsten darunter ausgewählt haben. Der Markt der Early Adopters und Überzeugungstätern ist gesättigt. Ein Auto muss gefallen, praktisch sein und wenn es dann eben elektrisch ist – und die Infrastruktur fürs Laden zuhause, am Arbeitsplatz, im alltäglichen Umfeld – irgendwie gegeben ist, kauft man einen Stromer.
Renault hat das begriffen, stellt deshalb auch gar nicht den Antrieb in den Vordergrund, will denn 5 nicht über Batteriegrössen, Ladeleistung und Reichweite verkaufen und wird erst recht nicht in ein paar Monaten dann noch eine halbherzige Variante mit Mildhybrid hinterherschieben, weil die Verkaufszahlen bei den BEV nicht stimmen.
Clippy wiederbelebt
Im Zentrum des Renault 5 stehen: Design, Fahrspass, Praktikabilität. Und dann natürlich: der Preis. Da punktet der Renault 5 gleich mehrfach. Das Design ist herrlich retro, die Farben knallig. Wer den R5 kennt – und das sind wohl alle –, wird auch den Renault 5 auf den ersten Blick erkennen, auch wenn er grössenmässig mit dem kultigen Vorbild wenig gemein hat. Ja, für heutige Verhältnisse ist er klein, mit 3.9 Metern länge überragt er das Modell von 1972 aber um einen halben Meter, den Supercinque immerhin noch um dreissig Zentimeter. Der Kofferraum ist dafür ganz ordentlich mit 326 Litern, der Platz in der zweiten Reihe dafür arg beschränkt. Da noch einen Kindersitz zu montieren, kann dann schon zur Herausforderung werden.
Witziges Detail: Der neue Assistent «Reno» erinnert an Clippy, die Büroklammer von Word. Noch ist er Lernmodus und beherrscht vieles nicht, aber eben: er lernt dazu. Und kann bei Bedarf auch auf ChatGPT zugreifen. Und er kann auch fahrzeugbezogene Daten zugreifen und diese mit Informationen aus dem Internet ergänzen. Wie bei unserem Testwagen, da war der Reifendruck zu niedrig. Dann sucht Reno die nächste Tankstelle und erklärt auch gleich noch, wie der Luftdruck am Reifen korrekt eingestellt wird.
Das Cockpit des Renault 5 ist retro-modern, mit zwei Bildschirmen und einer intuitiven Bedienung dank dem Google-System, das man bereits kennt von Renault. Anders als bei bisherigen Modellen ist das Infotainment aber nicht mehr im Hoch, sondern jetzt im kompakten Querformat, wirkt dadurch eleganter integriert und weniger dominant. Praktisch: Am Armaturenbrett gibt es weiterhin den bekannten Taster, mit dem sich auf Knopfdruck die Assistenzsysteme ein- und vor allem: ausschalten lassen, ohne sich während der Fahrt durch gefühlte siebenundzwanzig Menüs klicken und dazu die Augen von der Strasse nehmen zu müssen. Bloss weil man nicht dauernd vom Auto daran erinnert werden möchte, dass man die Augen nicht von der Strasse nehmen soll.
Unschlagbar?
Übermotorisiert ist der Renault 5 nicht mit 110 kW (150 PS), aber mehr wäre auch gar nicht nötig, ausserdem hielt man sich da noch Spielraum offen für den Alpine A290. Dafür ist der Kleine auch nur 1.4 Tonnen schwer und Renault hat richtig viel Arbeit in das Fahrwerk gesteckt. Das sagt nicht nur Renault selbst, das spürt man auch. Die Lenkung ist überraschend direkt, die Aufhängung gut abgestimmt. Mit seinem kurzem Radstand und der breiten Spur, macht das so schon ordentlich Spass. Wir durften den Renault 5 bereits zweimal fahren, einmal im topfebenen, weitläufigen Dänemark und einmal in Südfrankreich mit: kurvigen Küstenstrassen und engen Städtchen. Keine Frage, wo er besser hinpasst.
25’000 Franken soll der Renault 5 dann nächstes Jahr kosten, wenn die Basisvariante mit der kleineren 42-kWh-Batterie kommt. Aktuell sind es noch rund 30’000 für die Variante mit der grösseren 51-kWh-Batterie. Ja, für einen Kleinwagen ist das viel, für einen spassigen, elektrischen Kleinwagen mit sehr viel Charakter ist es aber: ziemlich schwer zu schlagen. Wie alle neuen Renault-Modelle wird übrigens auch der R5 komplett in Frankreich gebaut – inklusive der Batterie. 80 Prozent der Zulieferer liegen innerhalb von 300 Kilometer der Montagestätte.
Der Stromverbrauch ist übrigens ganz passabel, nein: er ist gut. Deutlich unter 14 kWh/100 km erreichten wir auf der Testfahrt an der Côte d’Azur trotz Bergsträsschen und Autobahn – das ist eine ordentliche Ansage. Aber die Batteriegrössen sind etwas knapp bemessen, weshalb die Reichweite dann doch eher beschränkt ist. Mit der kleineren 42-kWh-Batterie sind das unter 300 Kilometer, bei der grösseren sind es immerhin rund 400 Kilometer. Für einen Kleinwagen ist das akzeptabel, wenn auch nicht überragend.
Aber eben: Beim Renault 5 wird der Antrieb kaum das wichtigste Kaufargument sein. Sonder es ist der Fahrspass – und natürlich der Kultfaktor.
The Car of the Year 2025
Der Renault 5 ist einer der Kandidaten für «The Car of the Year 2025». Mehr zu COTY gibt es hier.
Text: Ramon Egger
Bilder: Kim Hüppin
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